Von Festivals & Fußabdrücken
Liebe Möhrchen,
in einem Monat ist Frühlingsanfang und wir freuen uns schon sehr darauf, die warme Jahreszeit mit euch zu genießen. Allerdings kam der Winter noch nicht einmal richtig an. Der Januar war statistisch gesehen erneut ein Monat mit Rekordwärme. Das Land Sachsen hat bereits angekündigt, die Wassermenge aus den Talsperren in Bautzen und Quitzdorf zu reduzieren. Die Wasserversorgung Berlins und Brandenburgs sind von diesem Problem akut bedroht.
„Wir steuern auf einen dauerhaften Zustand zu und müssen damit rechnen, dass die Klimakatastrophe in eine chronische Wasserkrise führt“
sagte der Berliner Wasserexperte Hartwig Berger dazu in einem Interview mit dem RBB letzten September.
Das sind sehr betrübende Aussichten. Ein Grund mehr für uns, sich an die eigene Nase zu fassen.
Festivals & Nachhaltigkeit
Grundsätzlich sind Festivals eine starke Belastung für Umwelt, Natur und Anwohnende. Am Veranstaltungsort werden nicht nur Ortsansässige durch Besucherströme und Lärm beeinträchtigt. Insbesondere Umwelt & Natur werden unausweichlich in Mitleidenschaft gezogen, da tonnenweise Material an den Veranstaltungsort gebracht werden muss, um dort eine Infrastruktur für wenige Tage aufzubauen. Außerdem müssen Beteiligte und Gäste anreisen und produzieren während ihres Aufenthaltes Abfälle. Das alles führt zu enormen Mengen an Treibhausgasen, die eine große Rolle in der Erwärmung des Planeten spielen – eine Tatsache, die konträr zur Philosophie der Wilden Möhre steht.
Das Thema Nachhaltigkeit ist komplex. Es erfordert eine intensive Auseinandersetzung mit einer Vielzahl an Themen und kommt niemals zu einem Abschluss. Wir selbst sind noch weit davon entfernt, die Schäden der vergangenen Jahre auszugleichen und sind darüber mehr als betrübt. Gleichzeitig sind wir fest entschlossen, unsere Welt zu erhalten und unseren Beitrag zum Schutz und zur Wiederherstellung voranzutreiben. Wir müssen auch darauf hinweisen, dass zum aktuellen Zeitpunkt ein vollständig CO2 neutrales Handeln nicht möglich ist. Dafür müsste jeder Schritt, von der Anreise über den Aufbau, bis hin zum Festival selbst, ohne fossile Brennstoffe auskommen. Das ist noch nicht gegeben.
Was möglich ist, sind zum einen ausgleichende Maßnahmen, wie z.B. das Anpflanzen von Bäumen auf eigenen Grundstücken und Fördermaßnahmen an anderen Stelle unserer Erde zur Kompensation des eigenen Fußabdrucks.
Was sind die größten Faktoren?
Als Wilde Möhre sehen wir uns in der Pflicht, unsere Umwelt zu erhalten. Wir haben in den letzten Monaten versucht, den Fußabdruck der Wilden Möhre so gut wie möglich nach Bereichen aufzuschlüsseln und überlegt, auf welche Weise wir diesen noch stärker verringern können. Die Grafik zeigt, welche Faktoren bei der Wilden Möhre 2019 die größte Rolle spielten:
Der Fußabdruck des Wilde Möhre Festivals
Wieviel CO2 wird durch die Wilde Möhre verursacht? Und wieviel davon konnte durch die Maßnahmen der letzten Jahre schon vermieden werden? Wir haben Daten aus allen relevanten Bereichen zusammengetragen und den dadurch entstehenden Fußabdruck durch den CO2-Rechner von https://www.myclimate.org/de/ für Events berechnen lassen. Ohne jegliche Maßnahmen sähe der Fußabdruck des Wilde Möhre Festivals 2019 folgendermaßen aus:
Was wir selbst schon tun konnten: unser Ansatz zur Kompensation
Wir teilen die Maßnahmen, die wir zur Kompensation des Fußabdrucks bereits ergriffen haben bzw. noch ergreifen können, in drei verschiedene Bereiche auf:
1. Beschützen & Bewahren
Dieser Bereich umfasst alle Maßnahmen, mit denen der entstehende Ausstoß aktiv durch uns als Festivalveranstaltende verringert werden konnte bzw. noch weiter verringert werden kann.
Darunter fallen z.B.
- die Umstellung auf Ökostrom für den gesamten Bedarf abgesehen vom Campingplatz
- Gebühren für die Anreise per PKW bzw. das Schaffen von Alternativangeboten
- Mülltrennung
- Müllvermeidung
- Stromsparende Verbräuche
- Vegane & vegetarische Lebensmittel
- Regionaler Einkauf
- Regionale Dienstleistende
2. Herstellen & Schaffen
Einige der negativen Einflüsse auf Umwelt & Natur sind nicht vermeidbar, durch die intensive Nutzung eines Waldareals von tausenden Menschen über ein langes Wochenende wird dieses beeinträchtigt. Deshalb braucht es Maßnahmen, um das Areal nachträglich wiederherzustellen.
Beispiele hierfür sind:
- die Wiederherstellung von den Flächen, die durch den Festivalbetrieb beeinträchtigt werden
- Aufforstung auf eigenen Flächen
- Kompostierung von entstandenen Abfällen
Durch all diese Maßnahmen konnte der CO2-Fußabdruck der Wilden Möhre bereits deutlich von ca. 4.000 Tonnen auf 1.000 Tonnen verringert werden:
Der aktuell noch verbleibende Ausstoß im Bereich Energie wird beispielsweise durch den Einsatz von dieselbetriebenen Generatoren auf dem Campingplatz verursacht – hier gestaltet sich eine Alternativlösung aktuell noch schwierig, was mit den Gegebenheiten dieses sehr weitläufigen und offenen Areals ohne jegliche fest installierte Infrastruktur zusammenhängt. Die mit Abstand größten, verbleibenden Faktoren sind allerdings der Transport von Materialien oder Lebensmitteln zum Festivalgelände sowie die Anreise der Gäste, Künstler*innen und Mitwirkenden.
3. Fördern
Mit den heutzutage zur Verfügung stehenden Möglichkeiten bleibt also trotz aller Maßnahmen ein Teil des Ausstoßes übrig. Diesen gilt es, über nachhaltige Projekte an anderen Orten zu kompensieren und das schaffen wir momentan nicht aus eigener Kraft.
Wie ihr uns auf unserem Weg unterstützen könnt
Dass wir überhaupt geschafft haben, unseren Fußabdruck derartig zu verringern, ist nur durch eure Hilfe und euer Verständnis möglich geworden. Der Anteil an autolosen Besucher*innen und das Verständnis für die zusätzlichen Kosten in Bezug auf die Fahrzeugpässe sind kontinuierlich gewachsen, ihr schließt euch in unserem Forum zu Fahrgemeinschaften zusammen, die Mülltrennung auf dem Festival funktioniert immer besser und ihr geht achtsam mit dem Gelände um. Das finden wir großartig und möchten euch auch weiterhin darin bekräftigen, auf die Anreise per Auto zu verzichten oder Fahrgemeinschaften zu bilden, um jedes Fahrzeug effektiv zu nutzen und den Aufenthalt in Möhritz so bewusst wie möglich zu verbringen, was Müll und mitgebrachte „Einweggüter“ betrifft.
Falls ihr uns zusätzlich dabei unterstützen möchtet, auch heute schon eine möglichst klimaneutrale Gesamtbilanz zu erreichen, könnt ihr das ab sofort tun – selbstverständlich auf freiwilliger Basis.
Legt man die verbleibenden 1.000 Tonnen CO2 und die Kosten für deren Kompensation auf die Anzahl der Gäste und Mitwirkenden um, landet man bei 3,57€, die pro Person notwendig wären, um die Wilde Möhre klimaneutral bzw. klimafreundlich umzusetzen. Ab sofort werdet ihr beim Ticketkauf die Option bekommen, diesen Betrag zu spenden um damit euren statistisch verbleibenden Fußabdruck zu neutralisieren und dadurch wahrlich nachhaltig zu feiern. Für alle, die bereits ein Ticket gekauft haben und gerne spenden möchten, werden wir bald eine Möglichkeit bereitstellen, dies im Nachhinein noch zu tun.
Mit dem durch diese Spenden gesammelten Betrag fördern wir ein Drittprojekt, welches so viel wie möglich des restlichen Fußabdrucks kompensiert. Beispiele für derartige Projekte könnt ihr euch auf https://www.myclimate.org/de/informieren/klimaschutzprojekte/ anschauen.
Am liebsten würden wir natürlich ein regionales Klimaschutzprojekt fördern und sind für Vorschläge dankbar – schreibt uns dazu an achtsam@wildemoehre.org. Dazu muss allerdings erwähnt werden, dass die Förderung von Projekten in Entwicklungsländern wesentlich größere Effekte mit sich bringt, da man mit der gleichen Summe dort viel mehr erreichen kann. Z.B. kann man mit den gleichen Kosten andernorts viel mehr Bäume pflanzen oder Solaranlagen errichten, als in Deutschland. Die Projektwahl wird kurz nach dem Festival bekannt gegeben, sobald die genaue Spendensumme bekannt ist.
In diesem Sinne: helft uns dabei, unsere Umwelt zu erhalten, damit wir und die nachfolgenden Generation noch lange die einzigartige Schönheit unseres Planeten genießen können.
Wilde Grüße
Eure Möhren